Freizeller Schlössl

Marsbachzell im Donautal

Marsbachzell oder Freizell an der Donau war einst wichtig als Landeplatz der Donauschifffahrt und als Ausgangsort nach Böhmen. So kam das Uferdorf mehr und mehr zu Bedeutung. Zum Schutze errichtete hier die Rodungsherrschaft das wehrhafte Verteidigungsschloss Marsbachzell. Noch mehr Schutz ward der Schifffahrt, als auf dem gegenüberliegenden Ufer die Burg Wesen erbaut wurde. Die tapferen Ritter von Marsbachzell und Wesen sorgten hüben und drüben für Frieden im Donautal, bis der Passauer Bischof als Landesherr dem kühnen Schaunberger Rittergeschlecht auf Neuhaus den gesamten Donauschutz übertrug.

Ihrer Pflicht entledigt, gaben sich die Herren der zwei Burgen von nun an nur noch der Jagd und dem fröhlichen Beisammensein hin. Nächtelang gingen auf Marsbachzell die Lichter nicht aus, wenn der Ritter von Wesen dort mit seinem Freund und einstigen Kampfgefährten becherte. Da saßen sie am Kamin und kramten in ihren Erinnerungen. Sie beurlaubten die Kammerdiener für die Nacht, schenkten sich selber die Becher voll und stellten die leeren Krüge in die Fenster.

Eines Tages gerieten die beiden in Streit, weil der Marsbachzeller fest behauptet hatte, der bessere Schütze zu sein. Sein Nachbar verabschiedete sich beleidigt. Heimgekehrt auf die Burg Wesen, grübelte er die restliche Nacht, wie er den Großsprecher eines anderen belehren könnte. Als die ersten Sonnenstrahlen auf Marsbachzell fielen, funkelten dort in den Fenstern die Weinkrüge, die von den beiden vor dem Streit geleert worden waren. Dies brachte den Wesener auf den Gedanken, die Krüge herunterzuschießen. Zwischen Wesen und Marsbachzell liegt die Donau, und die Entfernung von Schloss zu Schloss ist groß. Und dem vortrefflichen Schützen bereitete es richtigen Spaß, wie ein Krug nach dem anderen in Trümmer ging.

Als dem Marsbachzeller aufgeregt die Diener berichteten, dass die Weinkrüge auf den Fenstern von jenseits der Donau her zerschossen würden, wusste er, wer der sichere Schütze war. Beschämt bat er noch am gleichen Tag seinen Freund um Verzeihung.

Ein habsüchtiger Diener hatte es schon lange auf das Geld des Herrn auf Marsbachzell abgesehen. Er dingte etliche verwegene Gesellen und weihte sie in die Gebräuche des Burgherrn ein. Als wieder einmal ein Gelage zu Ende war, führte der habgierige Diener die Bande in das Schloss. Durch den Lärm erwachte der Marsbachzeller, fasste sein breites Schlachtschwert und stürzte sich auf die Eindringlinge. Diese setzten sich mit Säbeln zur Wehr und hatten den Alten bald in die Enge getrieben. Aus vielen Wunden blutend, brach er zusammen. Über seine Leiche drangen die Mörder in die Gemächer vor. Geld und Gold fiel ihnen in die Hände. Ehe Hilfe kam, hatte die Bande das Schloss in Brand gesteckt.  Die Freude der Räuber über die reiche Beute währte nicht lange. Einer nach dem anderen wurde gefasst und hingerichtet.

Der Ermordete war Georg Siegmund von Tattenbach, der um das Jahr 1680 auf Marsbachzell lebte. Ein Gerichtsprotokoll von Krems meldet, dass der Räuber Veit Kirchpichler durch Rädern hingerichtet wurde, weil er als Mitglied der Bande des Räuberhauptmannes Michl Egger an der Ermordung des Schlossherrn von Marsbachzell beteiligt war.