Die Raubritter auf Marsbach hatten die Rittergesetze ins Gegenteil gekehrt. Alle Untertanen lebten in Furcht vor Willkür und Grausamkeit. Brachliegende Äcker, verwaiste Häuser und die Armut der Untertanen gaben Zeugnis von der Härte und Mitleidlosigkeit der Ritter. Manch reicher Handelsherr, der die Donau herunter mit seinen Waren fuhr, fiel den Raubgesellen in die Hände. Die Untertanen wieder waren mit schwersten Zehent- und Robotleistungen geknechtet.
Haindl, ein verwitweter Bauer, lebte mit seinem Töchterlein allein auf einer Hofstatt. Bisher war es ihm stets gelungen, seine Leistungen an die Herrschaft Marsbach unter größten Anstrengungen zeitgerecht zu erfüllen. Das aber erweckte den Argwohn der Marsbacher Raubritter. „Woher der Haindl wohl das Geld immer nimmt?“ fragten sie sich argwöhnisch. „Vielleicht ist er im Besitze eines geheimen Schatzes?“
Der Bauer wurde unter dem Vorwand, in seinen Leistungen an die Herrschaft in Rückstand zu sein, in den Turm geworfen. Trotz Marter und Pein blieb er stumm. Schließlich wurde sogar seine Hofstatt für verfallen erklärt und sein Kind des Hauses verwiesen.
Noch am gleichen Abend wanderte das Mädchen traurig über die Donauleiten hinaus, um bei Verwandten in Altenhof um Aufnahme zu bitten. Als es über den Waldweg dahineilte, vernahm es einen wundervollen Gesang. Das Mädchen blieb neugierig stehen. Am felsigen Abhang öffnete sich eine Spalte, und heraus kroch eine seltsame Natter. Erschrocken sprang das Mädchen zurück und wollte schnell davonlaufen. Hoch aufgerichtet, das Haupt mit einer leuchtenden Krone geschmückt, hielt die Schlange durch einen Anruft das Mädchen zurück. Die Schlange legte dem erstaunten Kind die Krone zu Füßen und versprach eine Wendung des Schicksals.
„Nimm meine Krone an dich! Sie wird dir allzeit Glück bringen. Verzage nicht, denn auch dein Vater wird bald aus den Händen der bösen Marsbacher befreit werden!“ Sprach’s und verschwand unter wunderschönem Gesang wieder in der Felsspalte.
Der Passauer Bischof rüstete zum Kriegszug gegen die Marsbacher. Die Donau herab zog eine große Zahl von Schiffen, die mit seinen schwerbewaffneten Kriegern besetzt waren. Sie belagerten Marsbach, eroberten die Burg und nahmen die Raubgesellen gefangen. Aus dem Verlies befreiten sie mit anderen Gefangenen, die lange dort geschmachtet hatten, auch den Haindl. Die Ritter und ihre Bösewichte ereilte die gerechte Strafe.