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Der Galgen von Marsbach
Hoch über der Donauleiten und der Burg Marsbach erhebt sich ein Berggupf. Auf seiner Höhe breiten weithin sichtbar drei mächtige Linden ihre weitausladenden knorrigen Äste. Inmitten dieser drei Baumriesen steht ein steinerner Bildstock. Dieser Ort ist die Scheiben, der Richtplatz des Hoch- und Blutgerichtes von Marsbach. Diesem Gericht unterstand einst der größte Teil des heutigen Bezirkes Rohrbach, und die Gerichtsakte von Marsbach geben Kunde, wie viele menschliche Geschöpfe unter den Linden ihr Leben ausgehaucht haben. Gegen Norden und Westen umschließt der Wald die unheimliche Richtstätte. Im dunklen Tann sind die Gräber der Hingerichteten. Katharina Müllener, ein junges Häuslweib aus der Pfarre Rohrbach war das letzte Galgenvöglein, das dort in ungeweihter Erde verscharrt wurde. In ihrer kurzen unglücklichen Ehe hatte sie sich so weit vergessen, dass sie ihren verhassten Ehemann vergiftete. Das Hochgericht zu Marsbach brach über sie den Stab. Etliche Tage vor ihrer Hinrichtung durfte sie nach altem Rechtsbrauche Besuche empfangen. Neugierige und Mitleidige trafen sich an ihrem Kerkerfenster in der Burg Marsbach. Davor war ein Opferstock angebracht, in den die Besucher Almosen zur Bestreitung von Seelenmessen für die zum Tode durch den Strang Verurteilte warfen. In aller Herrgottsfrühe versammelten sich am Hinrichtungstage die Schaulustigen auf dem Platz zu Marsbach. In ihrer Gegenwart wurde der Urteilsspruch des Gerichtes öffentlich verkündet. Gefasst bestieg hierauf die Müllenerin das bereitstehende Gefährt. An ihrer Seite nahm der Geistliche, dahinter der Blutrichter Platz. Gerichtsdiener und Wächter bezogen zu allen Seiten des Wagens ihre Posten, und der letzte Weg der Mörderin begann. Die begleitende Menschenmenge betete laut den Rosenkranz. Zum Richtplatz auf der Scheiben war die traurige Prozession eine halbe Stunde unterwegs. Dort wartete eine große Volksmenge. Durch eine gedruckte Flugschrift zur Hinrichtung eingeladen, waren die Menschen von weit und breit gekommen. Selbst die Bäume ringsum hatten die Neugierigen besetzt. Militär sorgte für Ruhe und Ordnung. Auf halber Bergeshöhe hielt der Henkerkarren an . Der Weg zur Galgenlinde musste zu Fuß genommen werden. Laut betend schritt der Priester mit der Todeskandidatin zur Hinrichtungsstätte empor. Katharina trug in ihren Händen die Schatulle mit den Almosen, die für Messen nach ihrem Tode bestimmt waren. Sie schritt durch das dichte Menschenspalier, ohne einen Blick zur Seite zu werfen. Unter den Linden übergab sie die Schatulle dem Priester. Hierauf führte sie der Scharfrichter auf die eine Leiter, die an einem Lindenast lehnte, während er die andere Leiter bestiegt. Sodann warf er ein weißes Tuch über das Haupt der Frau und vollzog sein schauriges Amt. Bange Minuten verstrichen. Die Gehilfen des Blutrichters eilten geschäftig hin und her. Eine schaurige Stille lag über der Menschenmenge. Der Geistliche trat vor und sprach: „Die Gerichtete ist eines reumütigen und bußfertigen Todes dahingegangen. In ihrem Namen bitte ich alle Anwesenden, dass niemand ihr Verbrechen als Anlass zum Bösen nehme!“ Langsam zerstreuten sich die Menschen. Schweigend traten sie den Heimweg an, und alle waren vom Grauen der Hinrichtung noch erschüttert. Vor Einbruch der Dunkelheit wurde die Leiche, nachdem sie den ganzen Tag an der Linde gehangen hatte, im nahen Gehölz verscharrt. Nach Jahren wurde entdeckt, dass das Grab des letzten Hinrichtungsopfers geschändet worden war. Trotz eifriger Nachforschungen kam nie Licht in das Dunkel dieses Geschehens. Viele Vermutungen wurden laut. Manche glaubten sogar, die Gebeine der Gehenkten habe jemand zu abergläubischem Tun benötigt, doch bis zum heutigen Tag blieb die Grabschändung ein Rätsel. Datum der Hinrichtung: 29.4.1848 Fritz Winkler